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Datum: 27.03.2024
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Mëttwoch, 21:55

Ich habe auf Andy Warhol geschossen - "Scum Manifesto"

Ich habe auf Andy Warhol geschossen - "Scum Manifesto"

Frankreich 2024

Am 3. Juni 1968 betrat die Radikalfeministin Valerie Solanas in New York die Factory und gab drei Schüsse auf Andy Warhol ab. Der Nachwelt ist vor allem das Bild einer geisteskranken Person im Gedächtnis geblieben, die das männliche Geschlecht vernichten und in ihrem paranoiden Wahn einen weltberühmten Künstler ermorden wollte. Sie wurde in eine psychiatrische Anstalt gesperrt und zum Schweigen gebracht. Dabei war das Attentat in der Factory kein Amoklauf, sondern eine kaltblütig geplante Aktion und ein Vorgeschmack auf ihr Hauptwerk, das „SCUM Manifesto“, das einem radikalen Feminismus den Weg bereitete. Valerie Solanas war eine Frau, von der eine Weile in den Klatschspalten der Zeitungen zu lesen war, weil sie auf einen Prominenten geschossen hatte, und die dann auf dem Müllhaufen der Geschichte landete. Doch ihr Werdegang und ihre Bedeutung für die Geschichte des Feminismus sind zu komplex und faszinierend, um ihr Werk auf das einer Geisteskranken zu reduzieren. Ihr ganzes Programm ist in dem Manifest angelegt, man braucht es nur zu lesen. Valerie Solanas hasste die Männer, propagierte in ihren Schriften einen gewissen Separatismus, bezeichnete sich selbst als radikale Lesbe und stellte noch vor Monique Wittig die Heterosexualität als politisches System infrage. „Lest mein Manifest, da steht drin, wer ich bin!“, schleuderte sie den Journalisten entgegen. In der Tat lässt das Manifest Solanas‘ ganzes Leben erahnen, die sexuelle Gewalt und die Demütigungen, die jede Frau in unterschiedlichem Maße erlebt. 55 Jahre nach seinem Erscheinen ist das „SCUM Manifesto“ aktuell wie nie zuvor. Denn es stellt eine Projektionsfläche für die Wut der Frauen dar und ruft sie dazu auf, sich zu vereinigen. Die Dokumentation beleuchtet einen Text, der zu seiner Zeit unverstanden blieb, und präsentiert eine komplexe Persönlichkeit, die häufig verzerrt dargestellt wurde. Vor allem aber strebt sie eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem visionären Manifest an, anstatt es als Wahnidee einer Verrückten abzutun.